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Pressemitteilung vom 5. April 2022

Erfolg gegen Anwaltsinkasso von Telefónica

Verbraucherzentrale Hamburg gewinnt Rechtsstreit im Zusammenhang mit In-App-Käufen von Kindern

Die Kanzlei KSP Rechtsanwälte, die Inkasso für Telefongesellschaften wie die Telefónica Germany GmbH & Co. OHG betreibt, muss gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern irreführende Äußerungen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung beim Verfolgen angeblicher Forderungen durch die Nutzung der Bezahlfunktion „Bezahlen per Handyrechnung“, wie sie etwa für In-App-Käufe genutzt wird, unterlassen. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat mit Erfolg gegen die KSP Kanzlei Dr. Seegers, Dr. Frankenheim Rechtsanwaltsgesellschaft mbH geklagt (Urteil des Landgerichts Hamburg vom 22. Februar 2022, Az. 406 HKO 7/21, rechtskräftig).

Vater soll für In-App-Käufe seines Sohnes zahlen

Ein Verbraucher fiel aus allen Wolken, als seine Mobilfunkrechnung von Telefónica neben dem monatlichen Entgelt unter der Position „Zahlen per Handyrechnung“ einen Betrag von 442,14 Euro auswies. Sein Sohn im Grundschulalter sollte für die Online-Spiele „Brawl Stars“ und „FIFA Fußball“ In-App-Käufe getätigt haben. Weder wusste der Erziehungsberechtigte von den Käufen, noch war er mit diesen einverstanden. Er legte Einspruch ein und bezahlte den geforderten Betrag nicht.

Einige Zeit später erhielt der Vater ein Schreiben von der Hamburger Kanzlei KSP, die ihn im Auftrag des Mobilfunkanbieters belehrte, dass „er als Anschlussinhaber und Vertragspartner von Telefónica für jede zurechenbare Nutzung der SIM-Karte seines Telefons hafte. Auf die Minderjährigkeit des tatsächlichen Nutzers käme es für die Haftung des Anschlussinhabers nicht an. Gemäß § 45 i Abs. 4 des Telekommunikationsgesetzes bestünde eine Regelhaftung für den Inhaber eines Telekommunikationsanschlusses“. Um die Aussage zu untermauern, verwies die Kanzlei zudem auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2006.

Verbraucherzentrale klagt erfolgreich wegen Irreführung

„Mit Gesetzestexten und Gerichtsurteilen versuchen die Inkasso-Anwälte von KSP, Verbraucherinnen und Verbraucher in die Irre zu führen. Am Ende zahlen diese, obwohl sie nicht dazu verpflichtet sind“, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. Laut Rehberg ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz in diesen Fällen weder eine Regelhaftung des Anschlussinhabers, noch hat der BGH diese in dem zitierten Urteil angenommen. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2017 in seiner Entscheidung hervorgehoben, dass die Vorschrift des Telekommunikationsgesetzes bei der Nutzung von über die Telefonrechnung abgerechneten Zahlungsdiensten gerade nicht zum Tragen kommt.

Das Landgericht Hamburg folgte der Einschätzung der Verbraucherzentrale Hamburg und wertet in seinem Urteil die Aussagen der Kanzlei KSP als irreführende Behauptung einer eindeutigen, aber tatsächlich nicht bestehenden Rechtslage.

Zügig Einspruch gegen unberechtigte Forderungen einlegen

In-App-Käufe sind Käufe, die während eines Spiels an Smartphone oder Tablet getätigt werden. Nutzende können sich dadurch mehr Spielzeit verschaffen oder über Extras verfügen. Die Kosten für die zusätzlichen Spielfunktionen addieren sich am Ende oft zu hohen Forderungen auf. Teilweise sollen Betroffene Hunderte oder sogar mehr als Tausend Euro über ihre Handyrechnung bezahlen. Laut Verbraucherzentrale Hamburg haben Eltern sehr gute Chancen sich gegen die überhöhten Rechnungen zu wehren. „Wichtig ist allerdings, diese sofort schriftlich zu beanstanden“ rät Rehberg. Die Verbraucherzentrale stellt hierfür einen kostenlosen Musterbrief zur Verfügung.

Hinweis: Mehr Informationen zum Thema, das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Hamburg und der Musterbrief sind veröffentlicht auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg unter: www.vzhh.de/ksp-inkasso


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