Höhere Kontoführungsgebühren bei Arbeitslosen- und Bürgergeld?
Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld und Bürgergeld müssen bei vielen Banken Kontoführungsgebühren zahlen. Für Kundinnen und Kunden mit Lohn, Gehalt oder Rente ist dieser Service kostenlos. Doch Banken wie beispielsweise ING und Sparda-Bank sind kein Einzelfall. Die Diskriminierung von Menschen mit geringem Einkommen hat Methode.

Das Wichtigste in Kürze
- Nur noch Girokonten, auf denen Lohn, Gehalt oder Rentenzahlungen eingehen, sind bei vielen Geldinstituten kostenlos.
- Verbraucherinnen und Verbraucher, die Arbeitslosengeld oder Bürgergeld erhalten, müssen hingegen Kontoführungsgebühren bezahlen.
- Solche diskriminierenden Entgelte sind nicht unüblich bei Finanzdienstleistungen. Lediglich einige Online-Banken knüpfen noch keine Bedingungen an ihre kostenlosen Girokonten.
Für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld und Bürgergeld fallen beispielsweise bei der Sparda-Bank Hamburg Kontoführungsgebühren an. Wer Lohn, Gehalt oder Rente bekommt, muss nichts fürs Konto bezahlen. Dieses Vorgehen ist leider kein Einzelfall.
Vor dem Hintergrund der allgemeinen Vertragsfreiheit dürfen Banken ihre Bedingungen für verschiedene Einkommensgruppen innerhalb ihres Kundenstamms unterschiedlich gestalten. Sie sind nicht an ein allgemeingültiges Angebot gebunden. Darum ist die Praxis der Kontoführungsgebühr ausschließlich für Geringverdienende mittlerweile üblich in der Branche.
Dies ist aber derzeit juristisch nicht angreifbar. Solange es nicht direkt diskriminierend im Sinne des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (Antidiskriminierungsgesetz, AGG) ist, dürfen die Kreditinstitute im Wege ihrer Vertragsfreiheit leider so vorgehen. Es sieht zwar nach Diskriminierung wirtschaftlich schwächerer Menschen aus, wenn im Endeffekt an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kundinnen und Kunden angeknüpft wird. Tatsächlich stellen die Regelungen aber nur auf Benachteiligungen wegen Rasse oder Herkunft, nicht jedoch wegen wirtschaftlicher Nichtleistungsfähigkeit ab. Die Einkommenshöhe oder -art ist ebenso wenig wie der Vermögensstatus ausdrücklich bei den Benachteiligungsverboten des AGG aufgeführt. Formal ist das Verhalten damit nicht zu beanstanden.
Aus unserer Sicht ist es gleichwohl eine offene Diskriminierung von Menschen mit geringem Einkommen. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, für eine Gleichstellung und Gerechtigkeit zu sorgen. Lediglich einige Online-Banken knüpfen noch keine Bedingungen an ihre kostenlosen Girokonten.
Danke für Ihren Hinweis!
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Haftung für Arbeitgeber
Doch selbst Verbraucherinnen und Verbrauchern, die ein regelmäßiges Gehalt bekommen, werden mitunter Kontoführungsgebühren berechnet. Ist der Arbeitgeber einer Kundin oder eines Kunden nicht bereit beziehungsweise aus technischen Gründen nicht in der Lage, das Gehalt mit einem bestimmten Überweisungsschlüssel zu überweisen, verlangen die Banken von den Betroffenen auch hier Kontoführungsgebühren.
In den Vertragsbedingungen der Bank findet sich zu diesem Vorgehen jedoch kein Hinweis. Dabei haben Arbeitnehmer auf die technischen Abläufe einer Überweisung zwischen Bank und Arbeitgeber keinerlei Einfluss. Entsprechend sollten sie auch nicht in Form von Kontoführungsgebühren dafür in die Verantwortung genommen werden.
Die Sparda hat uns mitgeteilt, dass, wenn der Überweisungsschlüssel vom Arbeitgeber nicht entsprechend eingegeben werden kann, sie die Girokonten nach Hinweis durch die Kundinnen und Kunden manuell kostenfrei stellen wird. Kundinnen und Kunden anderer Banken sollten auf ein ähnliches Vorgehen drängen.
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