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Wenn die private Krankenversicherung nicht zahlt

Was Frau W. erlebte, geht so manchem Privatversicherten ähnlich. Was Sie tun sollten, wenn Ihre private Kranken- oder Zusatzversicherung Ansprüche ablehnt und nicht zahlen will. Wir beraten und unterstützen Sie.

Ältere Frau am Telefon
Stand: 29.01.2024

Immer wieder erfahren wir von Verbraucherinnen und Verbrauchern mit einer privaten Krankenversicherung, dass sie im entscheidenden Moment, wenn sie krank sind, von ihrem Versicherer keine Hilfe bekommen oder dass ihnen sogar Steine in den Weg gelegt werden wie im Fall von Frau W. Gerade dann haben sie aber meist keine Kraft, sich mit einem großen Versicherungskonzern zu streiten.

Zusatzversicherung will nicht zahlen

Frau W. ist gesetzlich krankenversichert und hat eine private Zusatzversicherung abgeschlossen, die ihr im Krankenhaus die Behandlung durch den Chefarzt ermöglicht. Anfang 2010 ließ sie sich im Brustzentrum eines Krankenhauses operieren, nachdem ihr Gynäkologe einen verdächtigen Knoten in der Brust festgestellt hatte. Die Rechnung kam nach zehn Tagen, für sechs Tage Chefarztbehandlung einschließlich einer aufwendigen Operation über gut 2.300 Euro.

Frau W. leitete die Rechnung umgehend an ihre Zusatzversicherung mit der Bitte um Erstattung weiter. Die antwortete nach vier Wochen und erstattete zunächst nur knapp die Hälfte des Rechnungsbetrags und verlangte von der Patientin eine Kopie des Operationsberichtes, um zu prüfen, ob sie die restlichen Positionen für angemessen hält.

Nachdem sie den OP-Bericht erhalten hatte, kam die Versicherung nach weiteren drei Wochen wieder nur für einen Teil der Kosten auf. Das begründete sie mit umfangreichen Ausführungen zu einzelnen Ziffern der ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ). Eine Kostprobe:

 „Die GOÄ-Nr. 2411 ist für das Entfernen der gesamten Brustdrüse vorgesehen. Ausweislich des OP-Berichtes wurde eine brusterhaltende Therapie mittels Segmentresektion und Nachresektion durchgeführt. Für die Entfernung eines Mammatumors ist die GOÄ-Nr. 2410 vorgesehen. Die Nr. 2411 kann auch im Analogansatz im vorliegenden Fall nach Art und Umfang nicht berechnet werden. Wir haben dementsprechend die GOÄ-Nr. 2411 in die GOÄ-Nr. 2410 umgewandelt.“ 

So geht es noch eine halbe Seite weiter.

Frau W. hatte sich bei den medizinischen Fachkräften im Mammazentrum sehr aufgehoben gefühlt, daher war es ihr jetzt ziemlich unangenehm, dass sie immer wieder die Einwände ihrer Krankenversicherung an das Krankenhaus herantragen musste. Denn sie konnte das Fachchinesisch, das die Versicherung ihr geschrieben hatte, auch unter Zuhilfenahme der ärztlichen Gebührenordnung gar nicht nachvollziehen. So bat sie diese um exakte und überprüfbare Darstellung der Zahlen und setzte eine Frist von zwölf Tagen.

Nun argumentierte die Versicherung, sie habe die Erstattung kürzen müssen, weil sie die Kosten für die notwendigen Gewebeproben nicht vollständig übernehmen könne. Die Untersuchung sei in der Fallpauschale bereits enthalten und das habe das Mammazentrum bei der Rechnungsstellung nicht berücksichtigt. „Wir schlagen Ihnen vor, dass Sie die Ärztin bzw. den Arzt darauf ansprechen. Unseren Brief können Sie gerne zur Erläuterung nutzen“, schreibt die Versicherung.

Nun hatte Frau W. wieder den schwarzen Peter. Sie leitete das Schreiben der Versicherung an das Mammazentrum weiter – und erfuhr, dass das Absenken der Vergütung in einem reinen Belegkrankenhaus gar nicht gelte und sie den vollen Betrag zu bezahlen habe.

Wieder schrieb Frau W. an ihre Krankenversicherung: 

„Zusätzlich zu der belastenden Strahlentherapie, der ich mich in den letzten Wochen unterziehen musste, beunruhigt, verängstigt und verärgert mich Ihr Umgang mit mir als Kundin und Patientin. Anstatt mir die Heilung zu erleichtern, tragen Sie eher zu einer Verschlechterung meines Gesundheitszustandes bei. … Sie wollen mich doch wohl nicht auf Kosten sitzen lassen, die mir ohne Ihre Versicherung nicht einmal entstanden wären.“ 

Denn: Ohne die Zusatzversicherung hätte die gesetzliche Krankenkasse – zwar ohne persönliche Chefarztbehandlung – die gesamten Kosten der Behandlung übernommen.

Ab jetzt schickte Frau W. ihre Korrespondenz parallel auch an uns und machte das auf dem Original (durch „cc/“) kenntlich. Eine Woche später blieb die Versicherung noch bei ihrer Ablehnung und untermauerte diese durch verschiedene Urteile des Bundesgerichtshofs und Bundesverfassungsgerichts. Doch nach weiteren zwei Wochen konnte uns Frau W. von einer überraschender Wendung berichten: Die Versicherung hatte eingelenkt. Der Vorgesetzte ihrer Sachbearbeiterin habe sie angerufen und mitgeteilt, dass nach nochmaliger Prüfung ihres Falles und im Hinblick auf ihre langjährige Mitgliedschaft (etc.) niemand an einer gerichtlichen Auseinandersetzung interessiert sei und man daher beschlossen habe, den gesamten Betrag zu bezahlen.

Unser Fazit

  1. Wer zu schwach und krank ist, sich mit seiner privaten Krankenversicherung auseinanderzusetzen und für seine Rechte zu kämpfen, muss eventuell viel selbst bezahlen – Kosten, die ihm ohne eine private Versicherung möglicherweise gar nicht entstanden wären, wie es Frau W. formulierte.
  2. Wer nicht gelernt hat, für seine Rechte einzustehen, hätte in solchen Fällen ohnehin keine Chance.
  3. Immer häufiger kommt es vor, dass berechtigte Ansprüche erst einmal abgelehnt werden, weil die zur Leistung verpflichtete Stelle – hier das Versicherungsunternehmen – damit rechnet, dass nur ein Bruchteil der Betroffenen sich wehrt und die Erstattung mit allen Mitteln durchsetzt. So lässt sich viel Geld sparen.

Berichten Sie uns, wenn Sie Ähnliches erlebt haben! Am besten schriftlich an patientenschutz@vzhh.de. Wir können solche Vorfälle öffentlich machen, wir können Aufsichtsbehörden zur Stellungnahme auffordern, wir können Strafantrag stellen oder Sie dabei unterstützen – von selbst ändert sich selten etwas zum Besseren!

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