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Marktcheck: Was Produkte mit extra Protein wirklich taugen

Ob im Supermarkt, beim Discounter oder im Fitnessstudio – Protein-Produkte sind überall. Riegel, Pudding oder Pizza versprechen mehr Eiweiß und damit mehr Gesundheit, Muskelkraft und Sättigung. Doch lohnt sich der Griff zum teuren „High Protein“-Label wirklich? Unser Marktcheck zeigt: Viele Protein-Produkte sind stark verarbeitet, teuer – und oft alles andere als gesund.

Sportler in Sportkleidung isst Energieriegel im Fitnessstudio

Das Wichtigste in Kürze

  1. Teuer und überflüssig: Protein-Produkte enthalten zwar mehr Eiweiß, sind aber deutlich teurer als herkömmliche Lebensmittel – ohne spürbaren gesundheitlichen Mehrwert für die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher.
  2. Viel Zucker und Zusatzstoffe: Viele Produkte mit zusätzlichem Protein enthalten hohe Mengen Zucker, Süßungsmittel, Aromen und Zusatzstoffe – und sind damit trotz Protein-Zusatz eher ungesund.
  3. Viel Protein angegeben: Der beworbene Gehalt an Protein bezieht sich oft auf die gesamte Packung statt auf eine Portion.
Stand: 10.04.2025

Mit Eiweiß angereicherte Lebensmittel liegen im Trend: Ob Riegel, Pudding oder Pizza – im Handel finden sich viele Protein-Produkte. Doch unser aktueller Marktcheck zeigt: Zwar enthalten die Produkte im Schnitt zwei- bis dreimal so viel Protein wie herkömmliche Lebensmittel, gleichzeitig aber oft auch viel Zucker oder Süßungsmittel sowie Zusatzstoffe und Aromen. Dabei kosten sie im Durchschnitt fast doppelt so viel wie vergleichbare Produkte ohne höheren Eiweißgehalt. Wir haben uns 14 Protein-Produkte in der Stichprobe genauer angeschaut. Das sind die Ergebnisse:

Protein-Auslobung – oft für die gesamte Packung

Die Hersteller bewerben ihre Produkte oft auffällig mit Aussagen wie „35 g Protein pro Packung“. Klingt nach viel – doch ein genauer Blick offenbart: Die Angabe bezieht sich auf die gesamte Packung, die in der Praxis selten komplett verzehrt wird. Dadurch wirken viele Produkte eiweißreicher, als sie tatsächlich sind

Die Protein-Muffins von Bononia Dolci enthalten laut Verpackung 35 Gramm Eiweiß – deklariert in italienischer und englischer Sprache. 

Achtung, dieser Wert gilt für sechs Muffins zusammen - in Summe wären das auch 927 kcal inklusive 33 Gramm Zucker. Aber wer isst die schon auf einen Schlag? Ein einzelner Muffin bringt es gerade mal auf 5,9 Gramm Protein. 

Gut zu wissen

Hersteller werben gerne prominent mit Aussagen wie „40 g Protein pro Becher“ oder „15 g Protein*“ – gut sichtbar auf der Verpackung, außerhalb der Nährwerttabelle. Aus unserer Sicht ist das unzulässig.

Laut Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV, Artikel 30, Abs. 3) dürfen außerhalb der Nährwerttabelle lediglich der Brennwert oder der Brennwert zusammen mit Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz wiederholt werden – nicht aber der Proteingehalt.

Die isolierte Angabe von Eiweiß kann aus unserer Sicht ein verzerrtes Bild der Nährstoffzusammensetzung vermitteln – genau das wollte der Gesetzgeber verhindern. Ob solche Werbeaussagen zulässig sind, wird demnächst der Bundesgerichtshof klären. Eine entsprechende Revision wurde nach einem Urteil des Oberlandesgerichts München zugelassen.

Mit mehr Protein – aber trotzdem nicht besser

Bei manchen Produkten der Stichprobe stehen die ausgelobten Eiweißmengen in keinem ausgewogenen Verhältnis zum Zuckergehalt. Der Proteinhinweis lenkt vom eigentlichen Problem der Produkte ab: Es handelt sich um stark verarbeitete Lebensmittel, die keine gute Nährstoffzusammensetzung haben und eher ungesund sind. Zum Beispiel diese:

  • Protein-Muffins von Bononia Dolci: 35 Gramm Protein, aber auch 33 Gramm Zucker pro Packung
  • Proteinriegel von Mars: 10 Gramm Protein, aber auch 18 Gramm Zucker pro Riegel
  • High Protein Vla Vanille (Zuivelhoeve): 40 Gramm Protein, aber auch 25 Gramm Zucker pro Becher
  • Grießpudding (Dr. Oetker): 30 Gramm Protein, aber auch 18 Gramm Zucker pro Becher

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen eine Zuckeraufnahme von höchstens 50 Gramm pro Tag (knapp 17 Stück Würfelzucker).

Zusatzstoffe – und jede Menge Aroma

Ein hoher Proteingehalt bedeutet leider oft auch eine lange Zutatenliste. Im Schnitt enthalten die untersuchten Produkte fünf Zusatzstoffe – etwa zwei mehr als die herkömmlichen Varianten.

Besonders auffällig in der Stichprobe:

  • High Protein Küchlein Schokino (Dr. Oetker): 9 Zusatzstoffe
  • High Protein Quarkriegel (Milbona): 9 Zusatzstoffe
  • Mars Protein Riegel: 6 Zusatzstoffe

Außerdem sind 10 der 14 Produkte Aromen (→ Mehr über Aromen) zugesetzt. Statt echter Vanille oder frischer Früchte verwenden die Hersteller künstliche Alternativen. Warum? Weil es billiger ist.

Süße ohne Zucker – aber mit Nebenwirkungen

Viele Anbieter setzen auf Süßungsmittel (→ Mehr über Süßungsmittel), um den Zuckergehalt zu senken – mit unerwünschten Effekten:

  • Süßstoffe wie Aspartam oder Sucralose stehen in Verdacht, die Darmflora negativ zu beeinflussen.
  • Zuckeralkohole wie Sorbit und Maltit können Blähungen und Durchfall verursachen.
    Zwei Produkte müssen deswegen sogar den Hinweis „Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“ tragen, da sie zu mehr als 10 Prozent aus Zuckeraustauschstoffen bestehen.

Zusätzliches Eiweiß – aber für viel Geld

88 Prozent mehr zahlen Verbraucherinnen und Verbraucher im Schnitt für die Protein-Produkte der Stichprobe im Vergleich zu herkömmlichen Lebensmitteln, obwohl sie keinen sinnvollen Nutzen bieten. Beispiele:

  • YoPRO High Protein Drink (Danone): dreimal so teuer wie ein klassisches Joghurtgetränk
  • Protein-Riegel von Mars: Preisaufschlag von 157 Prozent im Vergleich zum normalen Mars Muffins
  • Nocco BCAA Sunny Soda von No Carbs Company AB: 129 Prozent teurer als herkömmlicher Energydrink 

Die Unternehmen nutzen den Protein-Trend, um ihre Gewinne zu steigern, und bitten Verbraucher und Verbraucherinnen zur Kasse.

Kein gesundheitlicher Nutzen – für die meisten

Protein-Produkte klingen gesund und nach Fitness – doch der tatsächliche Nutzen ist für die Mehrheit der Bevölkerung gering bis nicht vorhanden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt:

  • 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag für Erwachsene
  • 1,0 Gramm für Menschen über 65
  • etwas mehr für Sportlerinnen und Sportler sowie Schwangere

Die Realität: Laut Studien nehmen die meisten Menschen in Deutschland bereits mehr Protein auf, als sie eigentlich brauchen. Und wer regelmäßig zu viel Eiweiß konsumiert, muss aufpassen: Überflüssiges Protein und damit ein Überschuss an Kalorien wird als Körperfett gespeichert oder belastet bei Vorerkrankungen die Nieren.

Unser Rat

Die Versorgung mit Eiweiß ist zum allergrößten Teil mit natürlichen Eiweißquellen wie Nüssen, Hülsenfrüchten sowie Milchprodukten und anderen tierischen Lebensmitteln möglich. Diese enthalten in der Regel auch keinen zugesetzten Zucker, keine Süßungsmittel, keine Zusatzstoffe oder Aromen – und in vielen Fällen sind sie außerdem noch deutlich günstiger. Greifen Sie also lieber dazu und lassen Sie Protein-Produkte im Regal liegen!

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