Verursachen Fleisch und Wurst wirklich Krebs?
Erhöhen rotes Fleisch und Wurstwaren das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken? Wie viel Fleisch kann man überhaupt noch essen oder ist es besser, darauf zu verzichten? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Internationale Krebsforschungs-Agentur (IARC) hat den Konsum von verarbeitetem Fleisch und rotem Fleisch als krebserregend bzw. wahrscheinlich krebserregend eingestuft.
- Menschen, die regelmäßig verarbeitete Fleisch- und Wurstwaren essen, können eher an Darmkrebs erkranken.
- Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine drastische Reduzierung des Fleischkonsums mit einer Obergrenze von etwa 300 Gramm Fleisch pro Woche. Aktuell essen die Deutschen durchschnittlich etwa 1 Kilogramm wöchentlich.
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Eine Meldung der International Agency for Research on Cancer (IARC) – einer Unterorganisation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – hat 2015 für kontroverse Diskussionen gesorgt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnten vor verarbeitetem und rotem Fleisch als Krebsrisiko. Doch ist Fleisch essen wirklich genauso schädlich wie rauchen? Und wie viel Fleisch kann man überhaupt bedenkenlos essen? Wir haben die häufigsten Fragen und Antworten diesbezüglich für Sie zusammengefasst.
1. Was zählt zu verarbeitetem Fleisch?
Verarbeitetes Fleisch ist Fleisch, das durch Verarbeitungsprozesse wie Salzen, Räuchern, Reifen bzw. Fermentieren oder andere Verfahren verändert wurde, um den Geschmack zu verbessern oder es haltbar zu machen. Meistens sind Schweine-, Rind- oder Geflügelfleisch, aber auch Innereien enthalten. Wurstwaren, Schinken, Hackfleischprodukte und Fleischkonserven sind verarbeitetes Fleisch.
2. Was ist rotes Fleisch?
Unter rotem Fleisch versteht man Rind-, Lamm- und Schweinefleisch. Nicht dazu zählen Geflügelfleisch und Fisch.
3. Wie sicher lösen verarbeitetes Fleisch oder rotes Fleisch Darmkrebs aus?
Die IARC hat untersucht, mit welcher Sicherheit gesagt werden kann, dass rotes Fleisch oder verarbeitetes Fleisch ein Auslöser für Darmkrebs sein kann. Dafür wurden über 800 Studien analysiert und die Ergebnisse zusammengefasst. Die Sicherheit oder Beweiskraft (engl. evidence) der Aussagen wurde bewertet.
Verarbeitetes Fleisch wurde in Kategorie 1 „Krebserregend beim Menschen“ eingestuft.
Das heißt: Es gibt ausreichende, überzeugende Beweise, dass verarbeitetes Fleisch beim Menschen Darmkrebs auslöst. In dieselbe Gruppe fallen auch Stoffe wie Tabakrauch oder Asbest. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Fleischkonsum genauso viele Krebsfälle auslöst wie beispielsweise das Rauchen. Aber die wissenschaftlichen Beweise für die krebserregende Wirkung sind gleich stark.
Rotes Fleisch wurde in Kategorie 2 „wahrscheinlich“ krebserregend beim Menschen eingestuft.
Das heißt: Die Beweislage ist nicht so sicher wie bei verarbeitetem Fleisch.
4. Wie hoch ist das Risiko durch das Essen von Fleisch Darmkrebs zu bekommen?
Die Beweislage, dass verarbeitetes Fleisch Darmkrebs auslöst, ist genauso gut wie bei Tabakrauch. Das Risiko, aufgrund des Fleischkonsums Darmkrebs zu entwickeln, ist jedoch wesentlich geringer als durch Rauchen an Lungenkrebs zu erkranken. Diese Grafik von Cancer Research UK zeigt das anschaulich.
Während 86 Prozent aller Lungenkrebsfälle in Großbritannien durch Rauchen verursacht werden, werden nur 21 Prozent aller Darmkrebsfälle durch den Konsum von verarbeitetem und rotem Fleisch ausgelöst. Das bedeutet, dass es für Darmkrebs noch viele andere mögliche Auslöser geben muss.
5. Wie stark erhöht sich das Darmkrebsrisiko für Menschen, die mehr verarbeitetes Fleisch essen als andere?
Die Studie der IARC hat gezeigt, dass das Darmkrebsrisiko mit der Menge an verarbeitetem Fleisch, die gegessen wird, steigt. Die Forschenden schätzten aus den Daten, dass mit zusätzlich 50 Gramm verarbeitetem Fleisch pro Tag, das Risiko an Darmkrebs zu erkranken um 18 Prozent steigt. Das hört sich viel an, wichtig ist aber zu fragen: 18 Prozent wovon? Also, wie hoch ist überhaupt das Risiko, jemals im Leben an Darmkrebs zu erkranken?
In Deutschland ist das Risiko an Darmkrebs zu erkranken, für Männer und Frauen etwas verschieden. So erkranken durchschnittlich 70 von 1.000 Männern aber nur 57 von 1.000 Frauen jemals in ihrem Leben an Darmkrebs. Für Männer, die 50 Gramm mehr verarbeitetes Fleisch pro Tag essen als der Durchschnitt der Bevölkerung, stiege damit das Risiko um 18 Prozent auf etwa 82 bis 83 von 1.000, also 12 bis 13 zusätzliche Fälle pro 1.000 Männer (für Frauen: von 57 von 1.000 auf etwa 67 von 1.000 Frauen, also etwa 10 zusätzliche Fälle).
6. Kann rotes oder verarbeitetes Fleisch überhaupt noch empfohlen werden, wenn man gesund essen will?
„Die Dosis macht das Gift“ – diese alte Erkenntnis von Paracelsus trifft nach den heutigen Erkenntnissen auch auf den Fleischkonsum zu. Eine gelegentliche Fleischmahlzeit erhöht wahrscheinlich nicht das Krebsrisiko. Wer jedoch über Jahre große Mengen rotes und verarbeitetes Fleisch isst, setzt sich einem zusätzlichen Risiko aus.
Wie viel Fleisch genau im Hinblick auf das Darmkrebsrisiko unbedenklich ist, diese Frage lässt sich leider bis heute nicht beantworten. Sicher ist hingegen, je weniger Fleisch man isst, desto geringer ist die Gefahr.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt (auch aus anderen gesundheitlichen und ökologischen Erwägungen), nicht mehr als 300 Gramm Fleisch pro Woche zu essen, also circa 40 Gramm pro Tag (z.B. 1 kleines Wiener Würstchen). Mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Verzehr von 51,6 Kilogramm Fleisch jährlich erreichte Deutschland 2023 zwar einen erfreulichen Tiefstand, doch von den Vorgaben der DGE blieben die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher noch weit entfernt.
7. Wie beurteilen andere Gesundheitsorganisationen den Verzehr von Wurst und Fleisch?
- „Reduzieren Sie Ihren Fleisch- und Wurstkonsum. Konsumieren Sie Fleisch maßvoll – im Bewusstsein, dass 2-3 Portionen Fleisch (inkl. Geflügel und Fleischerzeugnisse) pro Woche genügen“, eine Portion wird mit 100 bis 120 Gramm angegeben. Fleisch sollte öfters auch durch andere Proteinquellen ersetzt werden, beispielsweise durch Milchprodukte, Eier, Tofu, Seitan oder Hülsenfrüchte, empfiehlt die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung.
- Der Nationale Gesundheitsdienst (NHS) in Großbritannien empfiehlt eine tägliche Menge von 70 Gramm bei verarbeitetem Fleisch nicht zu überschreiten. „If you currently eat more than 90g (cooked weight) of red or processed meat a day, the Department of Health and Social Care advises that you cut down to 70g.“
- Die American Heart Association gibt auf ihrer Website keine empfohlene Menge für den Fleischkonsum an, empfiehlt aber, vor allem pflanzliche Proteine oder Fisch zu essen, um den Proteinbedarf zu decken. Fleisch wird nicht als notwendig angesehen: „Mostly from plant sources (legumes and nuts); fish and seafood; nonfat and low-fat dairy products in place of full-fat versions; if you eat meat, lean cuts and skinless poultry; avoid processed meats.
Unser Rat
Essen und genießen Sie Fleisch bewusst – und im besten Fall nur in Maßen. So tun Sie nicht nur Ihrer Gesundheit, sondern auch vielen Tieren und der Umwelt etwas Gutes.