Keime im Fleisch – was tun?
Bei vielen Menschen steht Fleisch regelmäßig auf dem Speiseplan. Doch durch den massenhaften Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung kann es zu Antibiotikaresistenzen und somit zu Fleisch mit gefährlichen Keimen kommen. Geflügel ist besonders stark betroffen. Wir erklären, was es mit den Keimen auf sich hat und worauf Sie bei der Zubereitung von Fleisch achten sollten – für einen sicheren Fleischkonsum.
Das Wichtigste in Kürze
- In beengten Verhältnissen können sich Krankheiten rasch ausbreiten. Deshalb werden bei der Massentierhaltung oft alle Tiere im Stall mit Antibiotika behandelt – auch dann, wenn nur einzelne Tiere erkrankt sind.
- Durch den flächendeckenden Einsatz von Antibiotika wird die Entwicklung resistenter Keime begünstigt.
- Immer wieder wurden in den letzten Jahren antibiotikaresistente Krankheitserreger nachgewiesen, die gar nicht oder nur schwer mit Medikamenten behandelt werden können.
- Bei Menschen mit schwachem Immunsystem, älteren Menschen, Kranken, Kleinkindern oder Schwangeren können die resistenten Keime sogar zum Tode führen.
- Verbraucherinnen und Verbraucher sollten bei der Zubereitung von rohem Fleisch wichtige Hygieneregeln beachten. Besonders bei Geflügelfleisch ist Vorsicht geboten!
Der Einsatz von Antibiotika ist vor allem in der Massentierhaltung üblich, weil sich Krankheiten bei über 20 Tieren pro Quadratmetern schnell verbreiten. Deshalb wird oft die ganze Herde mit Antibiotika über das Trinkwasser behandelt, auch wenn nur einzelne Tiere erkrankt sind. Da die Antibiotika im Falle einer Krankheit meist an alle Tiere vergeben werden, entstehen eher antibiotikaresistente Keime, die nicht mehr mit herkömmlichen Antibiotika behandelt werden können.
MRSA-Keime (Multi-resistente Staphylococcus aureus) können Wundinfektionen verursachen und sind vor allem als „Krankenhauskeime“ für viele Todesfälle verantwortlich. ESBL-bildende Keime dagegen produzieren das Enzym Extended Spectrum Beta-Lactamase (ESBL), das viele wichtige Antibiotika unwirksam macht.
Zuletzt hat die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt im Mai 2023 eine Untersuchung mit 51 Proben von Hühnerfleisch der Haltungsform 2 der Marke »Metzgerfrisch« des Discounters Lidl veröffentlicht. In 71 Prozent der Proben hatte man multiresistente Keime nachgewiesen. Außerdem wurden Enterokokken, Campylobacter und Salmonellen gefunden (⇒ mehr über die Untersuchung). Bei einer Studie der Umweltorganisation Germanwatch im Jahr 2020 zur Kontamination von Hähnchenfleisch mit antibiotikaresistenten Krankheitserregern war jede zweite Probe mit Keimen belastet (⇒ mehr über die Studie). Schon 2019 hatte der Bericht des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zum Zoonosen-Monitoring gezeigt, dass die Keimbelastung bei Geflügelfleisch viel zu hoch ist ( ⇒ zum Bericht).
So werden die multiresistenten Keime übertragen
Die ESBL-bildenden Keime und MRSA-Keime können bei Menschen mit schwachem Immunsystem wie älteren Menschen, Kranken, Kleinkindern oder Schwangeren bis zum Tod führen. Besonders gefährlich sind die Keime im Krankenhaus, wo sie von Mensch zu Mensch übertragen werden können und auf immungeschwächte Patientinnen und Patienten treffen. Nach Schätzungen sterben jährlich etwa 10.000 bis 15.000 Personen infolge einer Klinikinfektion durch multiresistente Keime.
Aber auch Menschen mit engem Kontakt zu Nutztieren, beispielsweise Landwirte oder Tierärzte, tragen ein vielfach höheres Risiko für eine MRSA-Besiedlung.
Die Gefahr einer Infektion durch Lebensmittel ist ebenfalls theoretisch möglich. Da die Keime vor allem bei der Schlachtung auf das Fleisch übertragen werden, befinden sie sich hauptsächlich auf der Oberfläche. Auf den Menschen können diese bei der Zubereitung des Fleischs übertragen werden und über Verletzungen oder Wunden in den Körper eindringen.
Tipps zur sicheren Fleischzubereitung und wie Sie sich vor Keimen schützen können
- Bereiten Sie rohe tierische und pflanzliche Lebensmittel getrennt zu, insbesondere wenn diese nicht mehr erhitzt werden wie beispielsweise Rohkostsalate. Lagern Sie rohes Geflügelfleisch im Kühlschrank getrennt von anderen Lebensmitteln.
- Waschen Sie rohes Fleisch vor der Zubereitung nicht ab. Durch das Waschen verteilen sich die Keime in der Spüle und in der Küche.
- Tauen Sie tiefgefrorenes Geflügel abgedeckt in einem Sieb im Kühlschrank auf und gießen Sie das aufgefangene Abtauwasser auf jeden Fall weg.
- Tauen Sie Geflügelfleisch nicht in der Mikrowelle auf und bereiten Sie es dort auch nicht zu, denn hier ist nur eine unregelmäßige Wärmeverteilung möglich und somit das sichere Abtöten der Keime nicht gewährleistet.
- Erhitzen Sie Fleisch bis in den Kern; die meisten gefährlichen Keime werden nach 10 Minuten bei 70 Grad Celsius abgetötet.
- Mettbrötchen, belegt mit rohem, gewürzten Schweinehack, können resistente Keime enthalten. Weil das Hack nicht erhitzt wird, können sich Keime auf der großen Oberfläche des zerkleinerten Fleisches schnell vermehren. Verzichten Sie sicherheitshalber darauf, das gilt insbesondere für Menschen mit geschwächtem Immunsystem, ältere Personen, Kleinkinder oder Schwangere.
- Reinigen Sie Küchengeräte gründlich mit sehr heißem Wasser, z.B. Brettchen und Messer nach der Benutzung.
- Wechseln oder waschen Sie Spüllappen und Schwämme regelmäßig – mindestens einmal pro Woche.
- Waschen Sie Ihre Hände stets gründlich – am besten zwischen den einzelnen Zubereitungsschritten mit warmem Wasser und Seife.
- Achten Sie auf einen (z.B. durch eine Glasscheibe) abgegrenzten Bereich an der Bedienungstheke im Supermarkt und die Verwendung separater Geräte wie Gabeln, Messer oder Schneideunterlagen, damit Keime vom Fleisch nicht auf Wurst oder Käse übertragen werden können. Kaufen Sie nicht in Geschäften, wo diese Hygieneregeln nicht eingehalten werden.
- Biofleisch oder konventionelles Geflügel- und Schweinefleisch aus Programmen mit mehr Tierschutz sind empfehlenswerter, aber auch teurer. Sie können mit dem Kauf dieses Fleisches die Abkehr von der Massentierhaltung unterstützen. Durch einen geringeren Fleischverzehr sparen Sie im Gegenzug wieder Geld und haben häufig einen gesundheitlichen Nutzen.
Antibiotika in der Tierhaltung
Mit dem massenhaften und ungezielten Einsatz von Antibiotika steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich resistente Keime durch Mutationen entwickeln. In der Nutztierhaltung werden in Deutschland ungefähr doppelt so viele Antibiotika eingesetzt wie in der Humanmedizin. Teilweise greift man sogar auf die gleichen Wirkstoffe zurück, was die Gefahr der Unwirksamkeit der Antibiotika noch verstärkt.
Besonders besorgniserregend ist der Einsatz von sogenannten Reserveantibiotika der Humanmedizin in der Massentierhaltung. Diese sind von besonderer Bedeutung für die Therapie erkrankter Menschen und sollen nur zum Einsatz kommen, wenn Standardantibiotika keine Wirkung mehr zeigen.
Auch bei Bio-Fleisch dürfen prinzipiell Antibiotika verwendet werden, allerdings nur wenn keine andere alternative Behandlung möglich ist und grundsätzlich nur einmal im Leben der Tiere. So oder so ist es aber möglich, dass Bio-Fleisch in Schlachthöfen oder durch konventionell arbeitende Nachbarhöfe mit Keimen verunreinigt wird.
Die Antibiotika selbst werden übrigens in relevanter Menge im Fleisch nur selten nachgewiesen, da Wartezeiten nach der Gabe von Antibiotika einzuhalten sind.
Das muss sich ändern
- Abkehr von der Massentierhaltung – eine Tierhaltung, die nur aufgrund des regelmäßigen Einsatzes von Antibiotika funktioniert, möchten viele Verbraucherinnen und Verbraucher nicht.
- Bessere Hygiene auf Schlachthöfen; dazu sind auch mehr Kontrollen notwendig.
- Start eines staatliches Monitorings zu Tiergesundheit und Tierwohl in den Ställen.
- Verpflichtende Kennzeichnung der Tierhaltungsform für alle Arten von Fleisch auf dem Etikett.
- Strenge gesetzliche Grenzwerte für multiresistente Keime in Lebensmitteln, um belastete Produkte erst gar nicht in den Supermärkte kommen zu lassen.
- Hygieneschulungen für Verkaufspersonal im Einzelhandel und in der Gastronomie.
- Verbindlich festgelegte Vorgaben zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung.
- Bessere Trennung von biologisch erzeugtem und konventionellem Fleisch bei der Schlachtung, um die Übertragung von multiresistenten Keimen zu verhindern.