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Titandioxid: Bald auch in Zahnpasta verboten?

Seit 2022 ist Titandioxid in Lebensmitteln verboten, weil es möglicherweise das Erbgut schädigt und demzufolge krebserregend sein kann. Ob der Stoff in Arzneimitteln und Kosmetika wie Zahnpasta weiterhin erlaubt sein soll, wird in der EU zurzeit diskutiert. Wir beantworten wichtige Fragen zum Thema.

Vater und Tochter beim Zähneputzen

Das Wichtigste in Kürze

  1. Titandioxid (TiO2) kann nach einer Bewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vermutlich das Erbgut schädigen und folglich krebserregend sein.
  2. Seit August 2022 dürfen Hersteller in der EU keine Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel mehr produzieren, die Titandioxid enthalten. Bereits hergestellte Waren können allerdings bis zum Ende ihres jeweiligen Mindesthaltbarkeitsdatums weiter verkauft werden.
  3. In Arzneimitteln oder Kosmetika wie Zahnpasta (auch für Kinder) ist Titandioxid weiterhin ohne Einschränkungen erlaubt. Allerdings gibt es vom Wissenschaftlichen Ausschuss „Verbrauchersicherheit“ bei der EU-Kommission (SCCS) mittlerweile die vorläufige Fassung einer langersehnten Neubewertung zu Kosmetika. Demnach kann auch in oral aufgenommenen Kosmetikprodukten eine erbgutverändernde Wirkung nicht ausgeschlossen werden.
  4. Titandioxid wird bei Lebensmitteln meist mit der E-Nummer 171 aufgeführt, in Kosmetika oder bei Arzneimitteln wird der Stoff unter Verwendung des Color Index CI 77891 oder als „Titanium Dioxide“ deklariert.
Stand: 28.06.2024

Titandioxid macht Zahncreme strahlend weiß, verleiht silberfarbenen Kugeln für die Torte einen schönen Glanz und gibt der Salatsoße eine appetitliche Farbe. Mehr als 50 Jahre lang wurde der Farbstoff Lebensmitteln zugesetzt. Doch seit Anfang August 2022 darf der Stoff nicht mehr in Lebensmitteln verwendet werden. Eingeatmet soll das weiße Pulver Krebs begünstigen, beim Schlucken könnten Schäden am menschlichen Erbgut entstehen. 

In Medikamenten und Kosmetika ist Titandioxid trotzdem weiterhin erlaubt. Doch der Wissenschaftliche Ausschuss „Verbrauchersicherheit“ bei der EU-Kommission (SCCS) hat den Stoff mittlerweile neu bewertet. Laut Meinung der Expertinnen und Experten kann  eine erbgutverändernde Wirkung in oral aufgenommenen Kosmetikprodukten (z.B. Zahnpasta) nicht ausgeschlossen werden.

Was ist Titandioxid?

Titandioxid (Titanium Dioxide) ist ein weißes, mineralisches Farbpigment. In Lebensmitteln war es lange Zeit als Zusatzstoff E 171 zugelassen. Unter dem Color Index CI 77891 wird der Stoff in Kosmetika wie zum Beispiel Zahnpasta oder Sonnenmilch verwendet. Ein weiterer Name ist Pigment White 6.

Wo wird Titandioxid eingesetzt?

Titandioxid wird vor allem bei Produkten eingesetzt, die schön weiß sein oder eine kräftige Farbe haben sollen. Glänzende und glitzernde Farbeffekte sind mit diesem Pigment auch möglich. Mit rund 90 Prozent findet der Stoff daher als Bestandteil von Farben, Lacken, Papier und Kunststoffen die größte Verwendung. Doch auch in Medikamenten und Kosmetika kommt der Farbstoff zum Einsatz. Bis Anfang August 2022 war Titandioxid auch in Lebensmitteln (z.B. Süßwaren, Backdekor, Gebäck, Soßen) und Nahrungsergänzungsmitteln erlaubt. Manche dieser Produkte sind noch immer im Handel zu finden, da der Abverkauf der Produkte bis zum Ende der Mindesthaltbarkeit erlaubt ist. Das Übersichtsbild zeigt einige Beispiele. 

In Kosmetikprodukten, zu denen auch Zahnpasta zählt, kann das weiße Pigment nach wie vor eingesetzt werden. Ein Verbot gibt es für diese Produktgruppe nicht. Ökotest berichtet, dass 15 von 48 Produkten noch Titandioxid enthielten. Genaues Hinschauen lohnt sich. Manche Hersteller haben ihre Produkte zwischenzeitlich umgestellt und verzichten erfreulicherweise auf den Stoff.

Seit wann ist Titandioxid verboten?

Am 14. Januar 2022 hat die Europäische Kommission ein Verbot für Titandioxid in Lebensmitteln erlassen. Dazu zählen auch Nahrungsergänzungsmittel. Nach einer sechsmonatigen Übergangszeit ist Titandioxid seit Anfang August 2022 in diesen Produkten verboten. Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel, die Titandioxid enthalten, dürfen allerdings noch bis zum Ende des Mindesthaltbarkeitsdatum abverkauft werden. Bio-Lebensmittel durften auch schon vorher kein Titandioxid enthalten. Nach der EG-Öko-Verordnung ist die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen wie Farbstoffen, Süßstoffen, Stabilisatoren und Geschmacksverstärkern für Bio-Lebensmittel komplett untersagt.

In Kosmetika (Zahnpasta, Sonnenmilch) ist Titandioxid bisher nicht verboten.  Allerdings könnte es hier jetzt zu einer langersehnten Änderung kommen. Der Wissenschaftliche Ausschuss „Verbrauchersicherheit“ bei der EU-Kommission (SCCS) hat Titandioxid in Kosmetikartikeln neu bewertet. Für oral aufgenommene Kosmetikprodukte kann demnach eine erbgutverändernde Wirkung nicht ausgeschlossen werden. 
Die Schleimhäute im Mund sind anders aufgebaut als die Haut am restlichen Körper. Besonders bei Kinderzahnpasta, die oft auch heruntergeschluckt wird, sehen wir den Einsatz von Titandioxid daher ebenso kritisch wie bei Lebensmitteln. Wir begrüßen es deshalb sehr, dass es jetzt endlich eine vorläufige Fassung einer Neubewertung für Kosmetik gibt, die besagt dass eine erbgutverändernde Wirkung nicht ausgeschlossen werden kann. Wir fordern daher, Titandioxid schnellstmöglich auch in diesen kosmetischen Mitteln zu verbieten.

In Arzneimitteln ist Titandioxid bisher weiterhin erlaubt. Laut Medienberichten wurde noch kein Verbot für Titandioxid in Medikamenten erlassen, da weitreichende Engpässe bei Medikamenten befürchtet werden. Die Pharmaindustrie soll sich allerdings aufgefordert fühlen, Alternativen zu Titandioxid zu entwickeln und einzusetzen. Während Titandioxid bei Lebensmitteln eine rein optische Funktion hat, ist nicht ganz klar, inwiefern Titandioxid bei Medikamenten auch beispielsweise einen Lichtschutz für die Inhaltstoffe bewirkt. Auch bei Arzneimitteln steht eine neue Bewertung kurz bevor, die Europäische Arzneimittel Agentur (EMA) will Anfang 2025 eine weitere Bewertung von Titandioxid vornehmen.

Unser Tipp

Da Vitaminpräparate frei verkäuflich auch in der Drogerie sowohl als Arzneimittel als auch als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich sind, lohnt sich ein Blick auf die Zutatenliste. In Nahrungsergänzungsmitteln ist Titandioxid verboten, weil sie rechtlich zu den Lebensmitteln zählen, in Arzneimitteln aber noch nicht.

​​​​​​​Wie gefährlich ist Titandioxid?

Titandioxid ist vermutlich erbgutschädigend und demzufolge auch krebserregend. Zu diesem Schluss kommt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Mai 2021. Titandioxid könne in Lebensmitteln demnach nicht mehr als sicher angesehen werden.

Die EFSA hat bei ihrer Bewertung vor allem genotoxische Effekte betrachtet. Einige wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass Titandioxid die DNA-Stränge brechen lassen und so Chromosomenschäden (verändertes Erbgut) verursachen kann.

Gleichzeitig stellt die Partikelgröße ein Problem dar. Titandioxid deckt bei einer Teilchengröße zwischen 100 und 300 Nanometern besonders gut und entfaltet seine Brillanz. Doch Nanopartikel sind so winzig, dass sie in menschliche Zellen gelangen können. Wie genau sich die kleinen Partikel im menschlichen Körper verhalten, ist noch nicht abschließend geklärt. Fakt ist: Produkte mit Titandioxid enthalten auch Nanopartikel. In welcher Menge lässt sich in der Regel nicht nachvollziehen.

Wie gelangt Titandioxid in den Körper?

Da Titandioxid in verschiedenen Bereichen verwendet wird, müssen bei der gesundheitlichen Bewertung alle Aufnahmewege berücksichtigt werden.

Durch den Verdauungstrakt (oral) gelangt Titandioxid als Zusatzstoff mit E-Nummer (E171) über Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel sowie über Medikamente in unseren Körper. Über Lebensmittel aufgenommenes Titandioxid ist vermutlich erbgutschädigend und nicht sicher.

Ebenso problematisch ist die Aufnahme von Titandioxid (auch in Nanopartikelgröße) durch Einatmen über die Atemwege (inhalativ). In Tierstudien haben tief eingeatmete Titandioxidpartikel zu chronischen Entzündungen geführt. Bei extrem hoher Titandioxidkonzentration über einen sehr langen Zeitraum konnte man sogar die Bildung von Lungentumoren beobachten. 2019 hat die Europäische Kommission daher beschlossen, dass Titandioxid in Pulverform unter bestimmten Umständen einen entsprechenden Warnhinweis tragen soll.

Eine Aufnahme über die Haut (transdermal) ist nach derzeitigem Wissensstand nicht möglich. Dies gilt sowohl für intakte als auch für durch Sonnenbrand geschädigte Haut. Der Einsatz von Titandioxid als CI 77891 oder Titanium Dioxide in Kosmetika gilt demnach derzeit als risikofrei.

Unser Rat

Es gibt keinen Schwellenwert, unterhalb dessen die tägliche Aufnahme von Titandioxid unbedenklich ist. Das gilt übrigens auch für andere Inhaltstoffe mit erbgutschädigender Wirkung wie zum Beispiel Acrylamid. Sie sollten daher Produkte, die Titandioxid als Inhaltsstoff enthalten, so selten wie möglich verzehren. Vereinzelt kann Titandioxid trotz Verbot noch in Lebensmitteln vorkommen, zum Beispiel in Süßigkeiten. Schauen Sie daher auf die Zutatenliste. Bei Kosmetika, die Sie oral aufnehmen (wie Zahnpasta), empfiehlt es sich ebenfalls, die Liste der Inhaltsstoffe zu überprüfen und Produkte mit dem Stoff „CI 77891“ oder „Pigment White 6“ zu meiden. Für Kosmetikprodukte ist Titandioxid noch nicht verboten. Das gilt auch für Medikamente. Setzen Sie ärztlich verordnete Arzneimittel jedoch nicht einfach ab, wenn sie Titandioxid enthalten!

Bücher und Broschüren